Mit dem Zelten hatte ich eigentlich im Sommer 1994 abgeschlossen. Nach nur einer Nacht im schlecht ausgestatteten Billigzelt auf einem bretonischen Campingplatz flohen wir für den Rest des Urlaubs in eine nahe gelegene Pension. Doch wie das Leben so spielt: Knapp zwanzig Jahre und zahlreiche Urlaube in bequemen Betten später stand das Thema „Zelt“ wieder im Raum: Das Familien-Segelcamp der WHS Münster, an dem wir erstmals teilnahmen, basiert auf dem Prinzip „Campingplatz“.
Eins war von Anfang an sicher: In besagtem, nach wie vor existenten Billigzelt wollten wir die Pfingsttage nicht verbringen. Ein neues, besseres Domizil musste her, hier half der Fachhandel gerne weiter. Nach ausführlicher Beratung durch einen optisch eindeutig zu identifizierenden Outdoor-Enthusiasten verließen wir mit einem sturm- und hagelfesten Tunnelzelt der Marke „Nordisk“ das Geschäft.
Da es bei Ankunft auf dem Campingplatz regnete, freuten wir uns ein „professionellen“ Ansprüchen genügendes Zelt erworben zu haben. Dieses hielt uns während der folgenden Tage im andauernden Landregen zuverlässig trocken. Doch ebenfalls war nicht zu übersehen, dass auch derartig hochqualifizierte Zelte ihre Schattenseiten haben: Aufgrund der kompakten Verpackungsgröße fällt die Steh- oder besser: Kniehöhe im Innenzelt recht niedrig aus. Expeditionsteilnehmer mögen darüber hinwegsehen, im familiären Alltag wuchs sich diese Eigenschaft zunehmend zu einem echten Problem aus. Am Ende des Segelcamps war deshalb klar: Für das nächste Mal muss eine Unterkunft mit echter Stehhöhe her!
Bei meinen dadurch ausgelösten Recherchen merkte ich bald, dass die Welt der mannshohen Zelte zweigeteilt ist. Auf der einen Seite funktionale Kunststoff-Kuppelzelte, wie sie in Massen von teuren Zeltspezialisten bis hin zu Aldi angeboten werden. Auf der anderen Seite dagegen nicht mehr ganz taufrische Hauszelte aus Baumwoll-Mischgeweben, von denen die echten Camping-Connaisseure schwärmen. (Das hier tatsächlich noch ganz andere Ligen existieren, habe ich erst später erfahren…)
Einem Freund klassischer Faltboote fällt die Entscheidung natürlich leicht, zumal mit Pouch ein klassischer Faltboot-Hersteller auch lange Zeit bunte Baumwoll-Zelte produzierte. Ein solches sollte es idealerweise werden, mit Platz für drei Personen. Während ich noch nach einem orange-irgendwie-farbigen Hauszelt aus Poucher DDR-Zeit suchte, fand sich im Faltboot-Forum ein interessantes Angebot: Ein Forumsmitglied bot mir sein seit Jahren nicht mehr verwendetes Familienzelt zu günstigen Konditionen an. Der Abholort lag am Bodensee, was in dem Jahr urlaubstechnisch gut passte. Mit reichlich vollgepacktem Fahrzeug besuchten wir den freundlichen Anbieter am Ende des Urlaubs. Erst dort wurde mir wirklich bewusst, dass ein großes Hauszelt auch großes Packvolumen bedeutet. Glücklicherweise hatten wir unsere Tochter vorübergehend im Schwarzwald untergebracht, so dass das Zelt gerade noch ins Auto passte. Nach Münster kämen wir aber so nicht zurück.
In meiner Not schickte ich den sperrigen Stangensack von Stuttgart aus schon einmal voraus. Dies kostete weniger als zunächst befürchtet. Bei der Gelegenheit erfuhr ich zudem, dass allein die Zeltstangen bereits 20 kg auf die Waage bringen. Mit dem restlichen Zelt und Tochter kamen wir eine Woche später wieder in Münster an und machten uns umgehend an den ersten Aufbau. Das bei dieser Gelegenheit entdeckte Firmen-Logo wies das Zelt als hochwertiges Mehler-Produkt aus, zeitlich etwa aus den 1970er Jahren. Das aufgebaute Gerüst ergibt Außenmaße von 4 x 5 m. Ganz schön viel für drei Personen… Die Stehhöhe – der entscheidende Wert – beträgt in der Mitte 2,2 m.
Das Außenzelt ist noch gut in Schuss, die PVC-Kappe dicht. Nur im Innenbereich des Dachs und an den beiden Innenzelten findet sich leichter „Spack“-Befall. Daran sollte man nicht mit dem erstbesten scharfen Reiniger gehen, sondern zunächst einmal etwas googlen. Die Mehler-Zelte aus der Zeit verwenden keine Baumwolle mehr für das Außenzelt, sondern die hausinterne Weiterentwicklung Valmex, eine beschichtete Textilie. Solche Stoffe sind auch heute noch im Einsatz. Als Gegenmittel wird in diversen Foren ein Anti-Schimmelmittel aus der Drogerie empfohlen, in unserem Fall leistet der Denkmit Schimmelentferner von „dm“ gute Dienste. Dem scharfen Reinigergeruch wird anschließend mit üppig Febreze-Textilerfrischer begegnet. Zurück bleibt lediglich ein kaum noch wahrzunehmender Schatten, der sich in der Folgezeit nicht mehr weiterentwickelt.
Seitdem war das Mehler-Hauszelt drei Mal im Einsatz. In den Niederlanden – einem Hort echter Zeltfreunde, wie ich inzwischen weiß – wurden Qualität und Originalität unserer Unterkunft gleich mehrfach lobend hervorgehoben… 😉 Nur Platz sollte man im Fahrzeug haben. Die insgesamt etwa 35 bis 40 kg des Zelts belegen den kompletten Dachkoffer sowie einen nicht unbeträchtlichen Teil des Kofferraums. Von Vorteil ist in solchen Fällen ein Anhänger am Haken.
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